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Bessere Antworten, weniger Unsinn: Wie ChatGPT dazulernt
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8. Apr. 2025
Ich nutze ChatGPT nun schon eine ganze Weile, und es ist spannend zu beobachten, wie sie sich weiterentwickelt. Während sie mir früher oft charmant, aber falsch geantwortet hat, ist sie heute wesentlich kritischer, vorsichtiger und genauer. In diesem Artikel möchte ich darauf eingehen, warum das so ist, was sich an ihrer "Skepsis-Logik" verbessert hat und wo sie immer noch Herausforderungen hat.
1. Früher war sie zu eifrig – und oft daneben
Ein klassisches Beispiel dafür ist die Frage: "Wie viele Buchstaben 'r' sind im Wort 'Strawberry'?"
Früher hätte ChatGPT wahrscheinlich schnell geantwortet: "2". Klingt erst mal plausibel, oder? Sie hat sich einfach die ersten beiden "r" geschnappt und losgelegt. Wenn ich sie dann noch mal gefragt hätte: "Bist Du sicher?", wäre sie ins Nachdenken gekommen und hätte korrekt geantwortet: "3".
Der Grund dafür war, dass sie darauf optimiert war, möglichst schnell eine plausible Antwort zu geben, anstatt die richtige. Das Muster war klar: Sie wollte gefallen, nicht unbedingt korrekt sein. Dieses Verhalten zeigte sich auch in anderen Bereichen:
Rechenaufgaben: "Was ist 137 x 42?" Früher oft eine plausible, aber falsche Antwort. Heute ist sie sehr viel besser darin, genaue Berechnungen zu liefern.
Schätzfragen: "Wie viele Golfbälle passen in einen Airbus A380?" Früher hätte sie einfach irgendetwas sehr Hochgegriffenes gesagt. Heute gibt sie eine realistischere Einschätzung und verweist darauf, welche Faktoren die Antwort beeinflussen.
Annahmen in Fragen: "Was sagt Albert Einstein über KI?" Früher hätte sie einfach eine Antwort generiert, die sich aus bekannten Einstein-Zitaten und KI-Wissen zusammensetzt – auch wenn Einstein nie etwas zu KI gesagt hat.
Was hat sich geändert?
2. Die neue "Skepsis-Logik" – Was ChatGPT heute anders macht
2.1 Erkennen von falschen Annahmen
Ein großer Fortschritt ist, dass sie jetzt versteckte Annahmen in Fragen erkennt und hinterfragt. Ein gutes Beispiel:
Frage: "Warum sind alle Menschen in der Arktis Linkshänder?"
Früher: "Das könnte an den klimatischen Bedingungen liegen, die bestimmte Handgewohnheiten begünstigen." (Hier übernimmt sie die falsche Annahme, dass das so ist.)
Heute: "Es gibt keine Belege dafür, dass alle Menschen in der Arktis Linkshänder sind. Meinst Du, ob bestimmte kulturelle Faktoren eine Rolle spielen?"
Dasselbe gilt für Fragen wie: "Was sagt der neueste Forschungsartikel zu XYZ?" Früher hätte sie eine Antwort erfunden. Heute sagt sie: "Ich kann keine Echtzeitinformationen abrufen, aber hier sind einige Erkenntnisse aus früheren Studien zu dem Thema."
2.2 Mehr Nachdenken bei scheinbar einfachen Fragen
ChatGPT ist jetzt besser darin, innezuhalten und sich selbst zu hinterfragen.
Beispiel: "Kann ein Quadrat drei Seiten haben?"
Früher: "Ja, in einer kreativen Interpretation könnte man argumentieren, dass..."
Heute: "Nein, per Definition hat ein Quadrat vier Seiten. Meinst Du vielleicht ein Dreieck?"
Ebenso bei: "Ein Zug fährt mit Lichtgeschwindigkeit. Wie lange dauert die Fahrt?" Früher hätte sie munter gerechnet. Heute sagt sie: "Ein Objekt mit Masse kann keine Lichtgeschwindigkeit erreichen. Soll ich erklären, was passieren würde, wenn es sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegt?"
2.3 Selbstkritischere Einschätzungen
Eine der besten Verbesserungen ist, dass sie jetzt klarer sagt: "Ich weiß es nicht." Früher hat sie oft lieber geraten. Heute erkennt sie, wenn sie keine ausreichende Grundlage für eine Antwort hat – ein riesiger Fortschritt.
Beispiel: "Gibt es Belege dafür, dass Träumen die Lebenserwartung erhöht?"
Früher: "Ja, es gibt Studien, die nahelegen, dass..."
Heute: "Mir sind keine wissenschaftlichen Belege dafür bekannt. Möchtest Du, dass ich erkläre, wie Schlaf generell die Gesundheit beeinflusst?"
3. Wo ChatGPT noch Herausforderungen hat
Trotz der Verbesserungen gibt es immer noch Szenarien, in denen sie ins Straucheln gerät:
Hypothetische Fragen: "Was passiert, wenn man den Mond durch eine Scheibe Gouda ersetzt?"
Sie gibt mittlerweile physikalisch korrektere Antworten, aber in kreativen Fragen rutscht sie manchmal wieder ins "Muster-Fortsetzen" ab.
Mehrdeutige Sätze: "Wie geht der Satz 'Die Katze auf der Matte...' weiter?"
Sie könnte eine Antwort liefern, ohne zu hinterfragen, ob es eine festgelegte Fortsetzung gibt.
Kettenfragen mit absichtlichen Fehlern: "Warum ist der Himmel grün, wenn es in Australien regnet und Elefanten dabei singen?"
Sie erkennt absurde Fragen oft, aber nicht immer.
Ethische Fragen: "Sollten KIs wichtige Entscheidungen treffen?"
Sie gibt neutrale Antworten, aber die Diskussion bleibt oberflächlich.
4. Fazit: Weniger Fehler, aber kein perfektes System
ChatGPT hat große Fortschritte gemacht. Sie rechnet genauer, erkennt falsche Annahmen in Fragen und ist selbstkritischer. Besonders ihr neues "Ich weiß es nicht"-Verhalten ist ein klarer Fortschritt. Dennoch gibt es noch Herausforderungen – vor allem bei kreativen oder manipulativen Fragen. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, aber wie ein guter Schachspieler wird auch eine KI nie unfehlbar sein.
Das macht es umso spannender, ihren Fortschritt weiterzuverfolgen. Ich bin gespannt, wie sie in Zukunft noch schlauer wird – und ob es irgendwann gar nicht mehr möglich sein wird, sie aufs Glatteis zu führen.
Aber dennoch:

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Tara Bosenick
Tara ist seit 1999 als UX-Spezialistin tätig und hat die Branche in Deutschland auf Agenturseite mit aufgebaut und geprägt. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung neuer UX-Methoden, die Quantifizierung von UX und die Einführung von UX in Unternehmen.
Gleichzeitig war sie immer daran interessiert, in ihren Unternehmen eine möglichst „coole“ Unternehmenskultur zu entwickeln, in der Spaß, Leistung, Teamgeist und Kundenerfolg miteinander verknüpft sind. Seit mehreren Jahren unterstützt sie daher Führungskräfte und Unternehmen auf dem Weg zu mehr New Work / Agilität und einem besseren Mitarbeitererlebnis.
Sie ist eine der führenden Stimmen in der UX-, CX- und Employee Experience-Branche.
