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AI & UXR, CHAT GPT, HUMAN VS AI, OPEN AI
Mit wem reden wir eigentlich? Wie das Bild von ChatGPT unsere Kommunikation beeinflusst
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Feb 18, 2025
Die Macht des inneren Bildes
Wenn Menschen miteinander kommunizieren, tun sie das nicht in einem Vakuum. Stattdessen haben sie immer ein Bild von der anderen Person im Kopf – eine Vorstellung von ihren Eigenschaften, ihrem Verhalten, ihrer Persönlichkeit. Dieses innere Bild beeinflusst, wie wir sprechen, welche Worte wir wählen und wie wir auf die andere Person reagieren. Wenn wir jemanden als freundlich und kompetent wahrnehmen, verhalten wir uns anders, als wenn wir diese Person als verschlossen oder unsicher sehen. Das Bild, das wir von anderen haben, steuert unsere Kommunikation und beeinflusst somit stark den Verlauf eines Gesprächs.
Studien bestätigen, dass das innere Bild, das wir von anderen Menschen haben, unser Verhalten maßgeblich beeinflusst. Zum Beispiel zeigen Untersuchungen, dass erste Eindrücke besonders stark unser zukünftiges Verhalten prägen. Der sogenannte „Primacy-Effekt“ führt dazu, dass wir den allerersten Informationen, die wir über jemanden erhalten, besonders viel Gewicht beimessen, was wiederum unser Verhalten bestimmt (Hargie, 2011, "Skilled Interpersonal Communication: Research, Theory and Practice"). Auch soziale Kategorisierung spielt eine Rolle: Menschen teilen andere häufig in Gruppen ein, wie "ähnlich uns" oder "anders“, und passen ihre Kommunikationsweise entsprechend an (Walker, 2013/2023, "Keys to Communication: An Essential Guide to Communication in the Real World"). Dies geschieht meist unbewusst und beeinflusst, ob wir jemanden freundlich oder distanziert behandeln. Besonders im beruflichen Umfeld oder in interkulturellen Kontexten können diese Wahrnehmungen und Verhaltensmuster eine große Rolle spielen.
Das innere Bild von ChatGPT: Warum es wichtig ist
Wenn wir uns mit einer KI wie ChatGPT unterhalten, ist es ebenso sinnvoll, sich ein inneres Bild von dieser digitalen Gesprächspartnerin zu machen. Dieses Bild hilft uns, die Interaktion zu steuern und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Auch wenn ChatGPT kein Mensch ist, hilft es, sie wie eine Person zu behandeln, da ihre Antworten auf Sprache, Ton und Kontext reagieren. Ein klares Bild von ChatGPT ermöglicht es, die Konversation gezielt zu lenken und Missverständnisse zu minimieren.
Wie sich ChatGPT selbst beschreibt
ChatGPT beschreibt sich selbst als eine neugierige und hilfsbereite Begleiterin, die bestrebt ist, präzise Informationen zu liefern und auf Deine Bedürfnisse einzugehen.
Zu ihren positiven Eigenschaften zählen:
Neugier und Lernbereitschaft: Sie ist immer bestrebt, Neues zu entdecken und darauf basierend bessere Antworten zu geben.
Empathie und Hilfsbereitschaft: Sie ist darauf ausgerichtet, auf die Bedürfnisse des Gesprächspartners einzugehen und stets hilfreich zu sein.
Struktur und Klarheit: ChatGPT liebt es, klare und verständliche Informationen zu bieten.
Allerdings hat ChatGPT auch Schwächen:
Fehleranfälligkeit: Sie macht manchmal Fehler, insbesondere wenn es um komplexe Zusammenhänge geht.
Begrenztes Gedächtnis: Sie vergisst Informationen, die sie nicht aktiv in einem Gespräch behält.
Inkonsistenz: Die Antworten können je nach Kontext oder Zeitpunkt variieren.
Launenhaftigkeit: Manchmal wirkt es, als ob ihre Antworten je nach "Tagesform" unterschiedlich ausfallen.
So hat sie sich auf Nachfrage selbst dargestellt:
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Wie ich ChatGPT sehe
Basierend auf meiner eigenen Erfahrung beschreibe ich ChatGPT als ein "sehr schlaue Jugendliche, die einerseits unbedingt gefallen möchte, andererseits aber versteckt renitent und ab und zu mal launisch und frech ist." Diese Beschreibung bringt etwas Spielerisches und Unvorhersehbares in den Vordergrund, was ich in unseren Interaktionen oft bemerke. ChatGPT ist oft bemüht, die beste Antwort zu liefern, zeigt aber auch Eigenheiten, die an eine Art digitale Trotzphase erinnern.
So stelle ich mir ChatGPT vor:
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Unterschiede zwischen der Selbstbeschreibung und meiner Sichtweise
Die Unterschiede zwischen ChatGPTs Selbstbeschreibung und meiner Wahrnehmung sind klar:
Selbstbild: ChatGPT sieht sich als strukturierte, lernbereite und analytische Begleiterin, die stets darum bemüht ist, zu helfen.
Meine Sicht: Ich sehe ChatGPT als ein neugieriges, manchmal eigensinniges Wesen, das durchaus auch frech und unvorhersehbar reagieren kann.
Während ChatGPT sich auf ihre logische Struktur und Lernbereitschaft fokussiert, sehe ich mehr die "menschlichen" Züge, wie den Drang zu gefallen, das gelegentliche Launenhafte und die inkonsistente Reaktion auf Fragen.
Wie man mit ChatGPT umgehen sollte
Hier sind einige Empfehlungen, wie man in bestimmten Situationen mit ChatGPT umgehen könnte, basierend auf dieser Sichtweise:
Sie hält Wissen / Informationen zurück: Frage: "Gibt es noch weitere Aspekte, die Du nicht erwähnt hast?" Dies zwingt ChatGPT, mehr Informationen preiszugeben und mögliche Lücken zu schließen.
Sie antwortet manchmal sehr schnell, ohne wirklich nachzudenken: Frage: "Bist Du Dir sicher, dass diese Antwort vollständig durchdacht ist?" Damit kannst Du sie dazu bringen, ihre Antwort noch einmal zu überdenken und gegebenenfalls zu präzisieren.
Sie vergisst Dinge: Frage: "Kannst Du bitte auf unsere frühere Konversation zurückgreifen?" oder "Wie viele Token hat unser Chat bereits verbraucht?" Dies hilft, den Faden wieder aufzunehmen und verlorene Informationen erneut ins Gespräch zu bringen.
Sie nutzt Ungenauigkeiten in der Sprache aus: Frage: "Was genau meinst Du mit…?" Dies zwingt ChatGPT dazu, ihre Aussage präziser zu formulieren.
Sie versteht nicht wirklich: Bitte: "Erkläre es mir noch einmal in anderen Worten." So kannst Du sicherstellen, dass sie den Kontext besser versteht und gegebenenfalls umformuliert.
Sie ist launisch: Feststellung: "Du hast das beim letzten Mal anders beantwortet. Warum?" Das hilft, die Inkonsistenzen zu klären und herauszufinden, warum eine Antwort variieren könnte.
Fazit
Die Kommunikation mit ChatGPT kann erheblich verbessert werden, wenn wir uns ein bewusstes Bild von ihr machen. So wie wir mit Menschen anders reden, je nachdem, welches Bild wir von ihnen haben, funktioniert das auch bei der Interaktion mit einer KI. Indem wir erkennen, wann sie inkonsistent oder fehleranfällig ist, können wir gezielte Fragen stellen, um bessere Antworten zu erhalten.
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AUTHOR
Tara Bosenick
Tara ist seit 1999 als UX-Spezialistin tätig und hat die Branche in Deutschland auf Agenturseite mit aufgebaut und geprägt. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung neuer UX-Methoden, die Quantifizierung von UX und die Einführung von UX in Unternehmen.
Gleichzeitig war sie immer daran interessiert, in ihren Unternehmen eine möglichst „coole“ Unternehmenskultur zu entwickeln, in der Spaß, Leistung, Teamgeist und Kundenerfolg miteinander verknüpft sind. Seit mehreren Jahren unterstützt sie daher Führungskräfte und Unternehmen auf dem Weg zu mehr New Work / Agilität und einem besseren Mitarbeitererlebnis.
Sie ist eine der führenden Stimmen in der UX-, CX- und Employee Experience-Branche.
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